Es war einmal ein Monarch, der alle Ursache hatte, auf seine Frau Königin eifersüchtig zu sein. Er ließ dieselbe nicht nur erdrosseln, sondern schwor auch bei seinem Barte und dem Propheten, jede Nacht das schönste Mädchen seines Reiches zur Gattin zu nehmen und sie am folgenden Morgen in die Hände des Henkers zu geben.
Nachdem er nun viele Jahre hindurch dieses Gelübde erfüllt hatte, wurde er eines schönen Nachmittags durch den Besuch seines Großvesiers abberufen, dessen Tochter einen allem Anschein nach guten Gedanken gefaßt hatte.
Ihr Name war Scheherazade und ihr Gedanke der: entweder das Land von jener entvölkernden Schönheitssteuer zu befreien oder wie eine Heldin bei dem Versuche unterzugehen. Sie überredete also den Vater, den Großvesier, dem Könige ihre Hand anzubieten. Derselbe hatte nichts Eiligeres zu tun, als diese Hand anzunehmen, denn es war schon längst seine Absicht gewesen, sich schließlich auch Fräulein Scheherazade zu verschaffen; und nur die Furcht vor dem Großvesier hatte ihn bis jetzt davon zurückgehalten. Doch erklärte er in nicht mißzuverstehender Weise, daß, Großvesier oder nicht Großvesier, niemand ein Recht habe zu hoffen, er würde sich auch nur ein Jota an seinem Gelübde oder seinen Privilegien schmälern lassen. Als desungeachtet die schöne Scheherazade darauf bestand, des Königs Gattin zu werden, und es auch wirklich wurde, trotz des guten, warnenden Rates ihres Vaters, hatte sie ihre schönen schwarzen Augen wohl so weit offen, wie es überhaupt möglich war.
Es war nicht anders möglich, es mußte diese diplomatische Dame (ohne Zweifel hatte sie Macchiavelli gelesen) irgendeinen kleinen schlauen Plan im Sinne haben. In der Hochzeitnacht machte sie es durch einen, ich vergaß welchen, Vorwand möglich, daß ihre Schwester so nahe bei dem königlichen Paare ihr Lager aufschlug, daß man sich mit Leichtigkeit von Bett zu Bett unterhalten konnte; und ein wenig vor dem ersten Hahnenschrei richtete sie es so ein, daß sie den guten Monarchen, ihren Gatten (der nicht das geringste Böse gegen sie im Sinne hatte, wenn er ihr auch am folgenden Morgen den Hals umdrehen lassen wollte) weckte, obwohl er in festem Schlummer lag, und sein tiefstes Interesse durch eine Geschichte wach hielt, welche sie in leisem Flüstertone ihrer Schwester erzählte. Als der Tag anbrach, war die Geschichte noch nicht beendet, und Scheherazade konnte sie auch nicht vollenden, weil es die höchste Zeit für sie war, aufzustehen und sich erdrosseln zu lassen.
Des Königs Neugierde jedoch, die selbst seine religiösen Prinzipien überwog, veranlaßte ihn, die Erfüllung seines Gelübdes für dieses eine Mal auf den nächsten Morgen zu verschieben: zu dem Zweck und mit der Hoffnung, in der folgenden Nacht zu erfahren, wie die Geschichte endet.
In der nächsten Nacht jedoch machte Scheherazade nicht nur den Punkt hinter die erste Geschichte, sondern verwickelte sich, ehe sie selbst recht wußte, tief in die Verworrenheiten der nächsten Geschichte. Und diese Geschichte interessierte den König fast noch mehr als die vorherige; doch als der Tag anbrach, ehe sie beendet war, blieb wieder nichts übrig, als die Zeremonie nochmals vierundzwanzig Stunden hinauszuschieben. In der nächsten Nacht ereignete sich dasselbe mit demselben Erfolge – und in der nächsten und übernächsten wieder, so daß der Monarch, während einer Periode von nicht weniger als tausendundeiner Nacht jeder Möglichkeit, sein Gelübde zu erfüllen, beraubt, dasselbe im Laufe der Zeit überhaupt vergessen hatte,sich davon absolvierte und dasselbe einfach brach, nebst dem Halse seines Beichtvaters. Jedenfalls siegte Scheherazade, die in gerader Linie von Eva abstammte und von ihr die sieben Körbe voller Geschichten, die diese letztere Dame, wie wir alle wissen, unter den Bäumen in Eden aufgesammelt hat, geerbt zu haben schien: Die Schönheitssteuer war aufgehoben!
Gekommen, um eure Herzen mit Geschichten aus Tausend und einer Nacht zu erfüllen und eure Augen ins Reich der Sinne zu entführen. Geschichten voll der exotischen Gerüche und Bilder, erotisierender Schleier, Kleider und Schuhe, mit einem Hauch Sinnlichkeit und einem Lächeln auf den Lippen...